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02.09.2024

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Die Ideenphase von Science4Life

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Interview mit Julian Nast-Kolb von Cliniserve

04.07.2019

Wie ist die Idee für Ihr Unternehmen entstanden? Quirin Körner, Jaakko Nurkka und ich haben uns beim Center for Digital Technology and Management (CDTM) in München kennengelernt. Das CDTM ist eine Kooperation der LMU und TU München und bietet ein Innovationszusatzstudium an. Es werden jedes Semester 25 Studenten aus einem großen, interdisziplinären Bewerberpool ausgesucht und diese arbeiten dann gemeinsam an einem Innovationsprojekt. Wir drei Gründer hatten sehr unterschiedliche Hintergründe, haben uns im Rahmen des Programms aber schnell angefreundet und durch gemeinsame Projekte gemerkt, dass wir uns als Team perfekt ergänzen. Während des gemeinsamen Auslandssemesters in Berkeley haben wir dann beschlossen zu gründen. Wir sind ohne Idee gestartet und haben uns deshalb als nächstes auf die Ideensuche begeben. Zum einen wollten wir in ein Feld gehen, in dem wir für jeden einzelnen Nutzer einen spürbaren Mehrwert generieren können. Zum anderen wollten wir in einem Bereich arbeiten, in dem man lange an einem Produkt entwickeln kann. Das hat sich in der Pflege erfüllt. Vor allem, weil der Bereich einen enormen Nachholbedarf in der Digitalisierung hat. Man kann schnell einen großen Mehrwert generieren und hat ein praktisch unerschöpfliches Potential an Neuerungen, die man in sein Produkt einfließen lassen kann. In welchen Bereichen der Pflege findet Ihr Produkt Anwendung? Prinzipiell konzentrieren wir uns auf die stationäre Pflege, insbesondere in Krankenhäusern. Wir befinden uns aber auch schon in Gesprächen mit Reha- und Altenpflegeeinrichtungen, da die Herausforderungen dort ähnlich sind, anders als im ambulanten Bereich. Wir haben zudem auch schon andere Prozesse neben der Pflege miteingeschlossen. Zum Beispiel wollen wir auch die Kommunikation mit dem OP, dem Transportdienst oder dem Reinigungspersonal verbessern und die einzelnen Prozesse automatisiert steuern. Wir binden aber aktuell bewusst keine Mediziner mit ein, da dies ein komplett anderes Feld mit anderen Anforderungen ist. Wie funktioniert Ihr Produkt? Zu Beginn unserer Gründung haben wir den roten Notfallknopf durch ein digitales Angebot ergänzt. Der Patient hat durch uns die Möglichkeit von seinem eigenen Smartphone aus mit dem Pflegepersonal zu kommunizieren. So können dann beispielsweise Anfragen nach einem Glas Wasser gestellt werden. Die App teilt dies dann einem passenden Mitarbeiter zu. So bekommt die Pflege nur die für sie passenden Aufgaben zugeteilt. Alles andere wird automatisch an das Servicepersonal weitergeleitet. Dadurch spart sich jeder Mitarbeiter einen doppelten Laufweg. Inzwischen haben wir diese Idee weiterentwickelt. So ermöglichen wir eine direktere Kommunikation zwischen den einzelnen Mitarbeitern. Wir haben einen flexiblen Aufgabendialog, mit dem wir auch gewisse Logistikprozesse ansprechen können. Was sind Ihre zukünftigen Ziele? Wir wollen den Personaleinsatz verbessern. Bisher arbeiten alle nach festen Schichten und nicht nach tatsächlicher Belastung. Dieses Modell wird in Zukunft, im Hinblick auf den Pflegeengpass, nicht mehr funktionieren. Daher wollen wir flexiblere Schichtmodelle ermöglichen, so dass Mitarbeiter verstärkt nach ihren Präferenzen und für auf sie angepasste Aufgaben eingesetzt werden können. Um in diesem Bereich einfacher einsteigen zu können, schauen wir uns das Thema Ausfallmanagement an. Wir wollen über sofort definierte Aufgaben dafür sorgen, dass der Ersatz nach einem Ausfall viel schneller und ohne lange Erklärungen arbeiten kann. Kann Ihr Produkt dem Pflegenotstand in Deutschland entgegenwirken? Ja. Natürlich können wir ihn nicht alleine lösen, aber wir können eine digitale Unterstützung für das Personal bieten. So können wir dazu beitragen einzelne Personen zu entlasten. Dadurch, dass viele Aufgaben über uns delegiert werden, können wir es den Pflegenden zudem ermöglichen, wieder mehr Zeit mit den Patienten zu verbringen und Freude an ihrem Beruf zu finden. Vor welchen Herausforderungen standen Sie bei der Grünung? Auf der Makroebene ist es sehr schwierig als Startup im Gesundheitswesen Geld zu verdienen. Das liegt daran, wie der Markt in Deutschland finanziert ist. Viele Krankenhäuser sind an der Kante zur Profitabilität (oder dem Verlust) und man muss gut argumentieren, um seine Lösung zu verkaufen. Auch wenn diese nachweislich hilft. Das haben wir aber mit der Zeit ganz gut hinbekommen. Eine andere Schwierigkeit, vor allem bei unserer ersten Idee, war, dass wir darauf angewiesen waren, dass sowohl Pflegekräfte als auch Patienten die App nutzen. Gerade ältere Patienten sind oftmals nicht in der Lage ein solches System zu bedienen. Daher mussten wir unser Produkt weiterentwickeln, um auch in Stationen mit alten Patienten einen Mehrwert zu bieten. Eine weitere Hürde entstand durch die Datenschutzverordnung. Wir konnten letztendlich nur deshalb so schnell wachsen, weil wir keine Patientendaten verarbeiten und die Kliniken uns einsetzen können ohne dass wir in ihre IT integrieren müssen. Dies ermöglichen wir durch Pseudonymisierungen. So wissen wir nicht wer der Patient ist, sondern in welchem Bett und Raum er sich befindet, was dem Personal zur Beantwortung von Anfragen und Aufgaben ausreicht. Was war Ihr bisher größtes Erfolgserlebnis? Wir sind kurz vor Abschluss unserer Finanzierungsrunde. Das ist für uns der größte Meilenstein. Ansonsten war es definitiv der Moment, als wir das Produkt zum ersten Mal im Einsatz gesehen haben. Es war sehr schön zu beobachten, wie das Produkt von den Pflegern und den Patienten verwendet wurde. Ansonsten gibt es noch viele kleine Erlebnisse, die wir hatten. Aber es sind dann doch immer die großen Meilensteine, die aus einer Idee ein Unternehmen machen und dann aus einem Gründerunternehmen ein größeres Unternehmen. Was sind Ihre Ziele für die Zukunft? Unser Grundziel war es schon immer ein cooles Unternehmen aufzubauen, dass auch der Gesellschaft etwas zurückgibt. So versuchen wir uns aktiv im Kleinen am Klimaschutz zu beteiligen, beispielsweise durch die Nutzung von öffentlichen Verkehrsmitteln oder dem Verzicht innerhalb Deutschlands zu fliegen. Ansonsten soll es auch einfach Spaß machen bei uns zu arbeiten. Des weiteren wollen wir den Pflegekräften so viel Arbeit, wie nur möglich abnehmen. Konkret wollen wir aufbrechen, wie Pflegekräfte eingesetzt werden, damit mehr Zeit für die Patienten bleibt. Was sind Ihre Tipps für andere Gründer? Alle Aspekte der Gründung müssen gründlich durchdacht und begründet werden. Das ist etwas was man am Anfang gerne vergisst. Ein weiterer Tipp ist, mit möglichst vielen anderen Leuten über die Idee zu sprechen. Denn nur so kann man Feedback bekommen.   Über Julian Nast-Kolb: Julian Nast-Kolb ist einer der Gründer und CEO von Cliniserve. Er ist zuständig für den Vertrieb und die Unternehmensfinanzierung des Start-ups. Cliniserve bietet eine App, die die digitale Kommunikation zwischen Patienten und Pflege verbessert, Aufgaben des Pflegepersonals automatisiert und interne Prozesse steuert. Ziel ist es jeden Mitarbeiter spürbar zu entlasten und ihm wieder mehr Zeit für die Patienten zu geben. Zudem ist das Produkt sicher und verarbeitet keine personenbezogenen Daten der Patienten.

Das sind die Gewinner der Businessplanphase des Science4Life Venture Cup 2019

17.06.2019

Mit der Abschlussprämierung am 17. Juni 2019 ging der Science4Life Venture Cup 2019 zu Ende. In der Hauptverwaltung der Deutschen Bundesbank in Frankfurt wurden die zehn besten Geschäftsmodelle der dritten Wettbewerbsphase ausgezeichnet. Für die Gründerteams aus den Bereichen Life Sciences, Chemie und Energie ist das der Startschuss zum eigenen Unternehmen. Im Bereich Energie wurde außerdem zum dritten Mal der Science4Life Energy Award verliehen. Wir blicken zurück auf einen rundum gelungenen Abend. Von den 76 eingereichten Businessplänen in der dritten Wettbewerbsphase haben es die besten zehn bis ins Finale des Science4Life Venture Cup geschafft. Gemeinsam mit dem besten Businessplan aus dem Bereich Energie haben sich die Köpfe hinter den Geschäftsideen zur Abschlussprämierung in Frankfurt getroffen. Fernsehmoderator und Wissenschaftsjournalist Ingolf Baur führte durch einen Abend voller glücklicher Gewinner und zukunftsträchtiger Geschäftsmodelle. Spannende Gründerteams und ausgefeilte Businesspläne Bereits seit 21 Jahren wird der Science4Life Venture Cup ausgetragen. Jedes Jahr überraschen junge Start-ups erneut mit innovativen Geschäftsmodellen. In der diesjährigen Wettbewerbsrunde schafften besonders viele Teams mit neuen Therapieansätzen und Lösungen im Bereich Medizintechnik den Sprung ins Finale. Dabei konnten neben High-Tech-Ideen auch vermehrt digitale Ansätze die Expertenjury von Science4Life überzeugen. Die Schirmherren des Venture Cup, der Hessische Wirtschaftsstaatssekretär Dr. Philipp Nimmermann und Prof. Dr. Jochen Maas, Geschäftsführer Forschung & Entwicklung von Sanofi in Deutschland, zeigten sich begeistert und betonten die wirtschaftliche und wissenschaftliche Bedeutung von Start-ups. Dr. Markus Pfuhl, Chief Digital Officer bei Viessmann betonte, wie wichtig die Förderung von innovativen Geschäftsmodellen im Energiebereich ist und überreichte vor Ort den von Viessmann und dem Land Hessen gesponserten Energy Award. Die Gewinnerteams des Venture Cup In ihrer Funktion als Schirmherren durften Dr. Nimmermann und Prof. Dr. Maas außerdem die Preise an die Plätze sechs bis zehn überreichen und sie zum Gewinn von jeweils 2.000 Euro beglückwünschen. Zu den Gewinnern zählt die Actome GmbH, die mit ihrer neuen Methode zur Protein-Analyse bei der Entwicklung neuer diagnostischer Verfahren helfen möchte, damit Patienten individueller und besser behandelt werden können. Die implacit GmbH entwickelt eine Software, die eine wirksamere und schonendere Bestrahlung von inoperablen Hirntumoren ermöglicht. Ebenfalls ausgezeichnet wurde die PerioTrap Pharmaceuticals GmbH, die einen neuen Wirkstoff gegen Parodontitis entwickelt hat. Der physiologische Biofilm im Mundraum und im Darm wird durch diese neue Behandlungsstrategie nicht angegriffen. PolyGlyco Biotech GmbH i. Gr. überzeugte mit einem innovativen Therapieansatz zur Behandlung der trockenen, altersabhängigen Makuladegeneration, die häufigste Erblindungsursachebei über 50-jährigen in der westlichen Welt. Das Team von QYOBO konnte sich den Preis mit ihrer Marktplattform für den globalen B2B Markt für Chemikalien und pharmazeutische Wirkstoffe sichern. Ihre eigens entwickelten Algorithmen führen dazu weltweit verstreute Informationen in verschiedenen Sprachen und Formaten vollautomatisiert zusammen. Besonders spannend wurde es dann bei der Prämierung der Plätze fünf bis eins, denn es gab ein Wiedersehen mit den Gewinnerteams des Vorjahres. Als Laudatoren durften die fünf besten Teams aus dem letzten Jahr die diesjährigen Sieger verkünden und ihnen gratulieren. Dabei gaben sie auch einen kurzen Rückblick, wie sich ihre Arbeit im vergangenen Jahr entwickelt hat. Den fünften Platz beim Venture Cup 2019 belegte das Team der Freemotion Systems aus Darmstadt. Ihr „Walkerchair“, ein teilautonomer Rollstuhl mit Rädern und Beinen, bietet Rollstuhlfahrern eine völlig neue Qualität selbstbestimmter barrierefreier Mobilität und Autonomie. Er überwindet jegliche Stufen, Treppen und Schwellen und ermöglicht den Einstieg in Transportmittel aller Art. Platz vier und 3.000 Euro sicherte sich Ebenbuild aus München. Mit Hilfe eines „digitalen Zwillings“ der Lunge optimieren sie die komplizierte Beatmung von Patienten des akuten Atemnotsyndroms. Akute Lungenschäden, die zur hohen Mortalität der Patienten beitragen, können effektiv vermieden werden, die Beatmung wird optimiert. Dadurch überleben Patienten häufiger und erholen sich schneller. Auch das Klinikpersonal wird entlastet und die Behandlungskosten gesenkt. Innovative Start-ups auf dem Siegertreppchen 5.000 Euro und der dritte Platz gehen an YCOR aus Freiburg. Ihre Entwicklung erlaubt eine minimal-invasive Kunstherzimplantation durch eine Verlegung der externen Blutleitung ins Herz und ersetzt damit hochinvasive Operationen. Somit können nicht nur die Risiken dieses Eingriffs gesenkt werden, sondern auch die der fast immer notwendigen Folgebehandlungen. Für den zweiten Platz erhält das Team von Phytoprove Pflanzenanalytik UG aus Frankfurt am Main 10.000 Euro für ihr Gerät zur Früherkennung von Schäden und Mangelernährung an Pflanzen. Mit Hilfe eines optischen Verfahrens bestimmt das Gerät den Düngezustand und die Vitalität von Pflanzen und kann damit den Ertrag steigern und Überdüngung verhindern. Den Science4Life Venture Cup 2019 und damit auch 25.000 Euro sicherte sich die Berliner Mediaire GmbH, die mit ihrer Software die alltägliche Befundung in radiologischen Praxen erleichtern will. Die automatisierte volumetrische Vermessung arbeitet mit einer künstlichen Intelligenz und fügt sich nahtlos in den radiologischen Workflow ein. Der Befund von Erkrankungen wie Multiple Sklerose wird so erleichtert. Die Gewinner des dritten Energy Award „An der Energiewende geht kein Weg vorbei. Sie braucht für ihr Gelingen vor allem Akzeptanz und Begeisterung für die Chancen technologischer Innovationen, die Öffnung für neue Produkte und Dienstleistungen“, weiß Dr. Nimmermann und trifft damit den Nagel auf den Kopf. Mit der Verleihung des Energy Awards soll ein Energie Start-up genau diese Chance bekommen. In der Wettbewerbsrunde 2019 zeichnete Dr. Markus Pfuhl im Namen des Sponsors Viessmann und dem Land Hessen das Team der Koena tec GmbH aus Stuttgart mit dem Spezialpreis Energie aus, der mit 10.000 Euro dotiert ist. Ihre innovative Lösung zur Energiezwischenspeicherung stabilisiert Stromnetze und nutzt im Zeichen der Ressourcenschonung Geräte, die bereits auf dem Markt sind. Diese Geräte werden wirtschaftlicher und umweltfreundlicher und fördern die Einbindung erneuerbarer Energien in Stromnetze. Den Gewinnerteams wünscht auch Prof. Dr. Maas eine erfolgreiche Zukunft: „Zunächst wünsche ich mir, dass die heute prämierten Start-ups in den nächsten Jahren ihren Weg gehen werden und wir die tollen Ideen bald in der Umsetzung sehen werden“. Auch wir freuen uns, den weiteren Werdegang der Start-ups zu verfolgen und eine neue Generation junger Gründer in der nächsten Wettbewerbsphase zu unterstützen. Der Science4Live Venture Cup 2020 startet am 1. September 2019 mit der Ideenphase. Für die kommende Wettbewerbsrunde ist der Fokus neben High-Tech- auch vermehrt auf digitale Ideen gerichtet.

Alumni-Interview mit Simon Staffa von novapace

12.06.2019

Wie ist die Idee für Ihr Unternehmen entstanden? Patrick Scholl, einer der Gründer, hat sich in seinem Studium auf Biomechanik und -robotik spezialisiert. Dann wurde sein Opa mit Parkinson diagnostiziert. Patrick hat dadurch gesehen, welche Probleme sein Opa im Alltag hatte. So konnte er sich nur noch schwer fortbewegen, obwohl er eigentlich noch sehr aktiv war. Er ist öfter gestolpert oder hatte einen fehlerhaften Gang. Dies geschieht bei Parkinsonkranken durch einen Dopaminmangel im Gehirn, wodurch bestimmte Gehirnströme begrenzt sind. Das resultiert dann in einem gefährlichen Fehlgang, der häufig zu Stürzen führt. Bei einer Physiotherapie wird Parkinsonkranken oftmals gezeigt, wie sie gesund und in aufrechten Schritten gehen können. Im Alltag fällt es ihnen jedoch schwer das Gelernte umzusetzen. Dadurch werden Betroffene immer demotivierter sich zu bewegen. In einigen Fällen kann dies zu einer sozialen Isolierung der Betroffenen führen. Die Ärzte raten in solchen Fällen dann oftmals dazu einen Gehstock oder Rollator zu nutzen. Patrick hat sich jedoch gedacht, dass es nicht sein kann, dass es kein technisches Gerät auf dem Markt gibt, das dabei helfen kann Betroffene an den aufrechten Gang zu erinnern und somit Fehlstellungen entgegen zu beugen. Wie unterscheiden sich Ihre Sohlen von herkömmlichen Produkten? Sie unterscheiden sich durch die Technik, die wir anwenden, damit die Betroffenen auf ihren Gang hingewiesen werden. Wir messen das Abrollverhalten und die Bewegung des Fußes. In der Sohle selbst ist zudem eine Elektronik verbaut, die die einzelnen Schritte aus- und bewertet. Die Rückmeldung erfolgt über eine Vibration der Sohle im Moment der Fehlbelastung. So kann der Gang sofort verbessert werden und es bietet sich eine ideale Möglichkeit diesen dauerhaft zu trainieren. Wir haben zudem eine App zur darauffolgenden Auswertung entwickelt. Sie funktioniert ähnlich wie eine Laufapp und kann den Benutzern einen längeren Trend anzeigen. Vor welchen Herausforderungen seid ihr bei eurer Gründung gestanden bzw. steht ihr noch immer? Die erste Herausforderung war es unsere Pläne anzugehen und umzusetzen. Hierfür haben wir uns zuerst beim Exist-Programm beworben. Dabei war wiederum die Herausforderung einen Antrag zu stellen und dies noch zusätzlich zu unserem Masterstudium zu bewerkstelligen. In der Förderungsphase selbst kamen die größten Hürden: Von rechtlichen Fragen, über die Patentierung bis hin zu Finanzierungen. Das sind alles Fragen, die wir so von unserem Studium nicht kannten. Im Endeffekt ist alles was man tut irgendwie neu. Eine der größten Herausforderungen, vor denen wir aktuell stehen, ist es eine Anschlussfinanzierung zu finden. Unser Exist-Stipendium läuft im August aus und wir sind auf der Suche nach neuen Finanzierungsoptionen. Wer waren für Sie wichtige Unterstützer? Zuerst möchte ich das Gründungszentrum HIGHEST von der TU Darmstadt nennen. Sie haben uns damals bei der Antragstellung für Exist unterstützt. Auch heute fördern sie uns noch regelmäßig. Zweitens sind Wettbewerbe, wie Science4Life, ganz wichtig für uns. Deshalb nehmen wir auch nach wie vor an vielen teil. Natürlich kostet es sehr viel Zeit, jedoch lohnt es sich auch. Hierbei lernt man nämlich viele Experten, Investoren oder auch Anwälte kennen und kann sein Netzwerk super erweitern. Was waren Ihre Erfahrungen mit dem Science4Life Wettbewerb? Science4Life war für uns der wichtigste Wettbewerb, an dem wir teilgenommen haben, denn er hat thematisch perfekt zu uns gepasst. So wurden wir in der Ideenphase zum Workshop in den Industriepark in Frankfurt eingeladen. In der Konzeptphase haben wir es sogar unter die Top10 der Preisträger geschafft. Der Wettbewerb war für uns sehr gewinnbringend. Wir haben Einzelcoachings erhalten, zahlreiche Workshops besucht und hatten bei der Abschlussveranstaltung auch die Möglichkeit zu netzwerken. All das war sehr förderlich für uns, denn wir haben viel fachliche Expertise erhalten. Bei der Businessplanphase, die vor ein paar Wochen abgeschlossen wurde, sind wir leider nicht ins Finale gekommen. Die Zeit war für uns einfach zu knapp einen ausgefeilten Businessplan zu erarbeiten. Aber wir planen nächstes Jahr wieder dabei zu sein. Welche Regulierungen müssen beachtet werden, um ein Medizinprodukt auf den Markt zu bringen? Aktuell gilt in Deutschland noch die Medizinprodukte-Verordnung (MPV). Diese gilt allerdings nur noch bis nächstes Jahr, ab 2020 folgt die EU-weit geltende MDR-Verordnung (Medical Device Regulation). Diese stellt höhere Anforderungen an bestimmte Produkte im medizinischen Bereich. Besonders Apps oder technische Geräte haben hohe Qualitätsanforderungen im gesamten Entwicklungsprozess. Das heißt für uns, wir müssen diesen Prozess sehr detailliert dokumentieren. Jede Entscheidung, die wir treffen, müssen wir auch begründen. Das ist grundsätzlich erstmal eine gute Sache, aber der daraus resultierende Dokumentationsaufwand erschwert es so agil zu handeln, wie wir gerne würden. In diesem Spannungsfeld bewegen wir uns momentan und lassen uns hierbei von Experten beraten. Hinzu kommt, dass durch diese Regulierung die Wirksamkeit eines Produktes nachgewiesen sein muss. Das heißt es müssen Studien durchgeführt werden, um eine Zertifizierung zu erhalten und in den Markt eintreten zu können. Was war Ihr bisher größtes Erfolgserlebnis? Das größte Glücksgefühl hatten wir letzten August in einem internationalen Wettbewerb in den USA, der Virginia Tech Global Entrepreneur Challenge, an der wir teilgenommen und auch einen Preis gewonnen haben. Aber ich glaube die wirklichen Erfolge sind die kleinen Dinge, die wir täglich erleben. Das sind die Momente, in denen man mit Patienten spricht, neue Anforderungen für Produkte herausfindet oder konstruktives Feedback erhält. Diese Momente bringen uns sehr viel für unsere Motivation und wir sehen, wie viel wir erreicht haben. Denn: Es sind viele kleine Schritte, die man macht. Wo seht ihr euch in 5 Jahren? Wir sehen unsere Einlagesohle als zugelassenes Medizinprodukt auf dem deutschen Markt. Im Idealfall befinden wir uns bereits im Ausbau für andere EU-Märkte. Unser Ziel ist es für Parkinsonkranke ein Produkt zu entwickeln, das ihnen im Alltag hilft. Aber wir wollen natürlich nicht nur deutschen Patienten helfen.   Über Simon Staffa, M.Sc.: Simon Staffa ist einer der Gründer von novapace. Er ist verantwortlich für Projektmanagement und Finanzen. Zudem kümmert er sich um die Öffentlichkeitsarbeit des Startups. Das Unternehmen nahm am diesjährigen Science4Life Wettbewerb teil. Novapace entwickelt sensorische Einlagesohlen für Parkinsonkranke, die in Echtzeit Warnmeldungen bei fehlerhaftem Gang bieten und so einen sicheren Gang ermöglichen. So hilft die Sohle beim Bewegungstraining im Alltag und die dazugehörige Smartphone-App ermöglicht die Messung des Trainingserfolges auf längere Zeit. Zudem ermöglicht novapace die Individualisierung von Therapie und Medikation der Betroffenen in Zusammenarbeit mit ÄrztInnen und PhysiotherapeutInnen.

Eure ersten Schritte als Start-up: Überlegungen und Tipps zur Umsetzung einer Geschäftsidee

05.06.2019

Du schwelgst gerade in Gedanken, unterhältst Dich mit Freunden oder bemerkst ein alltägliches Problem. Vielleicht ist Dir auch ein Missstand während einer Reise aufgefallen, ein Projekt an der Uni hat Dich fasziniert oder ein persönliches Schicksal hat zum Nachdenken angestoßen. Und plötzlich fällt sie Dir ein: Die Idee. Genau dieser eine Einfall, der die Welt verbessern kann, der ein Problem löst oder das tägliche Leben vereinfacht. Du bist so überzeugt von Deinem Einfall, dass Du ihn im Rahmen einer Unternehmensgründung verwirklichen willst. Dabei ist allerdings einiges zu beachten. Am Anfang steht immer die Frage nach den Erfolgsaussichten der Idee. Um diese beurteilen zu können, solltest Du Dir zunächst bewusst machen, welcher Mehrwert entsteht. Kann ein Problem gelöst oder ein Fortschritt erreicht werden? Dabei solltest Du auch überlegen, was Deine Idee besonders macht und welche Produkte oder Prozesse sie noch verbessern können. Sobald diese Fragen geklärt sind, würdest Du wahrscheinlich am liebsten sofort loslegen. Bevor Du Dich aber blind in die Arbeit stürzt, muss ein Plan her. Vorbereitung ist nicht alles, aber sehr wichtig! Für die Planung des weiteren Vorgehens empfehlen sich folgende Überlegungen: Wo stehe ich mit meiner Idee und wo möchte ich hin? Will ich eine Dienstleistung oder ein Produkt anbieten? Richtet sich mein zukünftiges Unternehmen an andere Unternehmen oder an den Endverbraucher? Alles was zwischen Anfangsidee und Endergebnis liegt, sollte in Arbeitsschritte und Meilensteine unterteilt werden. Diese solltest Du zumindest planen, um Dich nicht zu verkalkulieren. Bestenfalls entwickelst Du eine Strategie, um Erfolge und Fortschritte zu messen. Arbeitest Du alleine an einer Idee, wirst Du bald an Deine Grenzen stoßen. Es fehlt die Zeit, alle anfallenden Aufgaben zu bewältigen oder Du kommst ohne das Wissen und den Input von anderen nicht voran. Dann wird klar: Ein Team muss her. Um die idealen Kollegen zu finden, solltest Du wissen, welche Fähigkeiten und Kenntnisse für die Umsetzung der Idee relevant sind. Bestenfalls findest Du Teammitglieder, deren Fähigkeiten Deine eigenen ergänzen. Gerade im dynamischen Alltag von Start -ups sollten Teamfähigkeit, Flexibilität und der Glaube an die Idee wichtige Eigenschaften der Teammitglieder sein. Natürlich muss dann geklärt werden, wer für welche Aufgabe zuständig sein soll und wie die Zusammenarbeit koordiniert wird. Networking als Grundpfeiler des Erfolgs Hat sich ein motiviertes Team zusammengefunden, fehlt nur noch ein Netzwerk. Im Idealfall bringen einige Teammitglieder bereits erste externe Kontakte mit. Es ist sinnvoll, diese Personen zu identifizieren und klar aufzuschreiben, inwiefern sie ihr Wissen und ihre Unterstützung einbringen möchten. Anschließend solltet Ihr euch als Team Gedanken machen, wo noch Hilfe seitens externer Partner notwendig ist. Im Vergleich wird dann klar ersichtlich, wo das Netzwerk Lücken aufweist. Anschließend kann eine Strategie entwickelt werden, um diese Lücken zu schließen. Die nächste Hürde liegt in der Finanzplanung. Auch am Anfang ist es wichtig, zumindest ungefähr zu wissen, was Ihr an Kapital benötigt. In diesem Zuge sollten erste Überlegungen stattfinden, wie Ihr euch finanzieren wollt und wer potenzieller Kapitalgeber sein könnte. Der Markt und die Konkurrenz Es mag selbstverständlich klingen, ist aber wichtig: Wer eine Idee auf den Markt bringen möchte, sollte den Markt auch kennen - inklusive der Konkurrenz. Für eine zielführende Markt- und Konkurrenzanalyse muss zunächst klar definiert werden, welchen Markt man mit seiner Idee erschließen möchte. Bestenfalls kennt man Personen oder Organisationen, die an der Idee, ihrer Nutzung oder Weiterentwicklung Interesse haben könnten. Auch über andere Ideen oder Produkte, mit denen das eigene Geschäftsmodell konkurrieren wird, sollte man gut informiert sein. Zudem kann das Anmelden eines Patents in gewissen Fällen enorm wichtig sein und sollte entsprechend gut durchdacht werden: Gibt es eventuell bereits Patente zu der Idee, die man umsetzen möchte? Wie kann man seine Idee davor schützen, gestohlen oder kopiert zu werden? Macht die Anmeldung eines Patents Sinn und falls ja, was muss man dazu beachten? Die Umsetzung kann beginnen Sobald alle diese Dinge durchdacht sind, kann es eigentlich auch schon los gehen. Die Umsetzung der Idee ist geplant, ein motiviertes Team steht, das Netzwerk ist ausgebaut und bereit, zu unterstützen. Der Markt, Konkurrenten und Möglichkeiten zum Schutz der Idee wurden analysiert. Wer Lust hat, kann seine Idee in Bildern, Grafiken oder Tabellen kurz darstellen. Außerdem habt Ihr jetzt alles, um Euch bei der Ideenphase des Science4Life Venture Cup zu bewerben. Ihr müsst nur noch die Vorlage für eure Ideenskizze ausfüllen. Wir wünschen viel Erfolg!

Investoren überzeugen – Mit dem perfekten Pitch zum Erfolg

21.05.2019

Die Geschäftsidee ist ausgefeilt, ein starkes Team hat sich zusammengefunden und man möchte so richtig loslegen. Doch gerade als Startup steht man an dieser Stelle einer Hürde gegenüber: Man muss begeistern. Potenzielle Investoren, Kunden oder andere Unterstützer wollen von der Idee überzeugt werden. Das ideale Instrument dafür ist ein Pitch. Doch wie sollte dieser aussehen? Unabhängig von der Art des Pitches sollten 3 Regeln besonders im Fokus stehen: 1. Die verfügbare Zeit bestimmt über den Inhalt des Pitches. 2. Eine gute Vorbereitung ist die halbe Miete. 3. Es muss ein Weg gefunden werden, die Aufmerksamkeit potenzieller Investoren zu sichern. Pitch ist nicht gleich Pitch Die Situationen und das Umfeld, in denen gepitcht wird, sind unterschiedlich. Dementsprechend ist auch jeweils eine andere Art der Präsentation gefragt. Die kürzeste Version eines Pitches ist der sogenannte Elevator-Pitch. Denn manchmal bleibt nur eine Aufzugfahrt lang Zeit, vielbeschäftigte Unternehmer von der eigenen Idee zu überzeugen. Ob der Elevator-Pitch nun im Aufzug stattfindet oder am Telefon, beim Netzwerktreffen oder auf einer Messe, die Regeln bleiben gleich: Die auf wenige Sekunden begrenzte Zeit muss genutzt werden, um seine Idee schnell auf den Punkt zu bringen und das Gegenüber dafür zu interessieren. Der Einsatz von Unterlagen oder einer Präsentation ist zu zeitintensiv und daher nicht sinnvoll. Speed-Pitching-Sessions orientieren sich nicht nur namentlich am Speed-Dating. Besonders im Rahmen von Veranstaltungen ist diese Art des Pitches besonders populär. In jeweils 3-5 Minuten wird die Idee vor nur einem Investor vorgestellt. Anschließend geht man zum nächsten potenziellen Kapitalgeber über und präsentiert auf dieselbe Weise. Der Klassiker unter den Pitches ist das Pitch-Deck. Mit visueller Unterstützung durch eine Präsentation wird in höchstens 15 Minuten die Idee präsentiert. Keynote oder PowerPoint sind beliebte Tools für das Erstellen der ca. 12-15 Folien. Der Vorteil gegenüber kürzeren Pitches: Grafiken können Zusammenhänge verdeutlichen. Außerdem lässt sich eine Idee nachvollziehbarer erklären. Um ein wenig Unterhaltung in die Präsentation einzubauen, sind moderne Formen des Pitchens gerade auf dem Vormarsch. Beim Science4Life Technology Slam wird beispielsweise der Entertainment-Faktor von Poetry Slams mit dem klassischen Pitch verbunden. In 3 Minuten muss die Idee überzeugend auf den Punkt gebracht werden. Zusätzlich sind aber vor allem Wortwitz und eine spannende Präsentation gefragt. Der Vorteil liegt auf der Hand: Die Aufmerksamkeit potenzieller Investoren kann besser gehalten werden, wenn Entertainment und eine professionelle Präsentation Hand in Hand gehen. Welcher Pitch ist der Richtige? Bei diesen verschiedenen Pitch-Arten stellt sich die Frage: Welche Präsentationsform soll nun gewählt werden, um Investoren zu überzeugen? Zugegebenermaßen wird sich diese Frage oft von selbst klären. Wer seine Idee beispielsweise bei einer Veranstaltung wie dem Technology Slam oder im Rahmen einer Speed-Pitching-Session präsentieren darf, hat meist klare Vorgaben zu den Rahmenbedingungen. Elevator-Pitches hingegen werden sich manchmal sogar spontan ergeben. Und ein Pitch-Deck ergibt immer dann Sinn, wenn der Zeitfaktor erlaubt, auch eine visuelle Komponente einzufügen. Mit einer Eselsbrücke zum perfekten Elevator-Pitch Der Elevator-Pitch ist, durch die zeitliche Begrenzung auf wenige Sekunden, definitiv eine Herausforderung. Die Kunst liegt darin, seine Geschäftsidee informativ und auf das wichtigste reduziert zusammenzufassen. Oft bleiben nur 30-60 Sekunden Zeit, die sinnvoll genutzt werden wollen. Um in dieser hektischen Situation die wichtigsten Informationen zu präsentieren, bietet sich die AIDA-Formel als Eselsbrücke an. A-ttention, I-nterest, D-esire, A-ction. A: Das Angebot wird dargestellt. Indem man das Neue an der Idee hervorhebt, wird Aufmerksamkeit erzeugt. I: Der USP soll das Interesse wecken. D: Die Darstellung des Nutzen für den Kunden soll Verlangen auslösen. A: Ein Apell, der eine Handlung provozieren soll. Das kann ein Investment oder einfach das Fachwissen des potenziellen Investors sein. Speed-Date mit Investoren bei Speed-Pitch-Sessions Obwohl bei Speed-Pitch-Sessions etwas mehr Zeit bleibt, ist auch hier der Druck nicht gering. Eine gute Vorbereitung legt den Grundstein für ein erfolgreiches Speed-Date mit einem potenziellen Investor. Test Pitches vor Freunden oder der Familie können helfen, im vornherein nachzuvollziehen, wo Unverständlichkeiten liegen, welche Informationen fehlen oder überflüssig sind. Gerade bei dieser Art Pitch sollte man besonders gut auf Fragen seitens des Gegenüber vorbereitet sein. Die Meisterdisziplin: Das Pitch Deck Gerade wenn mehr Zeit zum Vortragen der Idee bleibt, ist ein Pitch Deck wirkungsvoll. Es enthält Informationen über das bestehende Problem und wie es gelöst wird, stellt den USP der Idee heraus und beleuchtet den Markt. Auch das Geschäftsmodell, Informationen zu einzelnen Teammitgliedern und Kennzahlen sowie der aktuelle Stand des Vorhabens und die nächsten Big Steps werden vorgestellt. Zudem sollte deutlich werden, welches Investment benötigt wird. Die verwendeten Slides sollten nicht überladen oder uneinheitlich sein. Ein roter Faden und Visualisierungen, die Zusammenhänge verdeutlichen, kommen einer verständlichen Präsentation zu Gute. Eine aufrechte, selbstbewusste Körperhaltung, freies Sprechen und eine gesunde Prise Humor gehören ebenfalls zum Erfolgsrezept. Gerade als Startup sollte man die Macht des Storytelling nicht unterschätzen: Die Idee mit einer Geschichte zu untermauern macht sie nachvollziehbarer, appelliert an Emotionen und fesselt den Zuschauer mehr, als stupides Herunterbeten von Fakten.

High-Tech-Idee trifft Wortwitz: Der 5. Technology Slam von Science4Life

14.05.2019

19 Teams, fünf Themenfelder, drei Minuten Zeit, um eine High-Tech-Idee zu erklären. Das war der 5. Science4Life Technology Slam. Unter dem Motto „Komplexe Ideen einfach und mit Wortwitz erklärt“ wurden Gründer zu Entertainern. Denn nicht nur eine gute Idee, sondern vor allem auch eine unterhaltsame Präsentation auf der Bühne waren gefragt. Dr. Alex Dreppec, Erfinder des Science Slams, führte durch einen interessanten Abend voller spannender Innovationen. Das eigene Geschäftsvorhaben auf den Punkt bringen: Das ist die Idee des Science4Life Technology Slam. Jeweils 3 Minuten hatte jedes Team Zeit, um auf der Bühne zu performen. So gut die Ideen an sich auch sind – bei dieser Präsentationsform ging es um mehr als die bloße Idee. Unterhaltung und Rhetorik waren gefragt, um die Zuschauer mitzureißen. Denn anders als beim Science4Life Venture Cup entscheidet keine Expertenjury über den Sieg. Per Online-Voting haben die Zuschauer, bestehend aus Unternehmern, Experten und Investoren, vor Ort für ihren Favoriten abgestimmt. Märchenstunde mit High-Tech-Ideen So unterschiedlich die Teilnehmer waren, so verschieden präsentierten die Teams ihre High-Tech-Ideen dem Publikum. Während einige Slammer sich auf die rein technische Vorstellung ihres Produktes beschränkten, liefen andere zu kreativer Höchstform auf. Besonders einfallsreich: TissueGUARD verwendete ein Märchen, um seine Erfindung zu präsentieren und zwar die Geschichte des tapferen Retters von Dornröschen, der sich auf seiner Mission die Augen ausstach. Im Jahr 2019 hätte die TissueGUARD GmbH aus Dresden dem jungen Mann helfen können. Denn sie haben ein neues Verfahren zur Züchtung von künstlichem Gewebe entwickelt. Andere Gründerteams demonstrierten ihre Produkte sogar live auf der Bühne. Das Start-up Better Basics Laborbedarf verwandelte die Slam-Bühne kurzerhand in ein kleines Labor und präsentierte ihre praktischen Regalsysteme, die die Arbeit im Labor nicht nur vereinfacht, sondern auch sicherer macht. Fünf Themenfelder – fünf Gewinner „Es kann nur einen Gewinner geben“. Was bei vielen Wettbewerben als Regel gilt, wurde gestern in der KfW Bank Frankfurt nicht ganz so ernst genommen. Erstens gilt die Devise: Dabei sein ist alles. Denn es gehört jede Menge Mut dazu so komplexe Ideen in der Kürze der Zeit vorzustellen. Zweitens gab es statt einem Gewinner, fünf Gewinner. Denn die 19 Gründerteams traten in fünf Kategorien gegeneinander an: Chemie, Energie, Medizin, Pharma und Smart Health. Innerhalb der jeweiligen Kategorie wurde jeweils ein Sieger gekürt. Die Gewinner des 5. Technology Slam Es läuft gut für das Team der BRC Solar GmbH. Nachdem die Gründer bereits in der Konzeptphase des Science4Life Venture Cup mit dem Spezialpreis Energie ausgezeichnet wurden, räumte CFO Pascal Ruisinger nun auch beim Technology Slam in der Kategorie Energie ab. Das Konzept von Solaranlagen, die auch im Schatten noch Energie produzieren, überzeugte – genau wie der kreative Vortrag. Den Sieg in der Gruppe Chemie konnte sich das Start-up LignoPure sichern. Ihre maßgeschneiderten Produkte aus dem pflanzlichen Lignin eröffnen viele neue Anwendungsgebiete im Bereich Life Sciences. Auch nach der Isolation behält das Lignin seine natürliche Struktur und lässt sich beispielsweise in Form von biobasierten Mikropartikeln in der Körperpflege einsetzen. Im Themenfeld Smart-Health wurden das Gründerteam von adiutaByte zum Gewinner gekürt. Auf der Basis von künstlicher Intelligenz und Optimierungsalgorithmik bietet das Team eine branchenübergreifende, dynamische Planungsunterstützung, in die auch die Planer aktiv miteinbezogen werden. Dieses Zusammenspiel von Mensch und Maschine überzeugte die Zuschauer. Es lag entweder an den persönlichen Erfahrungen der Publikums-Jury oder an der Bühnenpräsenz des Teams: Jedenfalls beeindruckte die Kamedi GmbH im Bereich Medizin mit ihrem heat_it. Dieser wird mit dem Smartphone verbunden, heizt die betroffene Körperstelle lokal auf und lindert so sofort die Symptome des Insektenstichs. CytoSwitch räumte in der Kategorie Pharma ab. Das Produkt kommt ohne die starken Nebenwirkungen zurecht, die bei konventionellen Chemotherapeutika auftreten. Da nur der Tumor selbst getroffen wird, werden gesunde Organe von der Chemotherapie verschont. Innovationen zum Anfassen Als Schirmherr des Science4Life e.V. und Geschäftsführer Forschung und Entwicklung der Sanofi-Aventis Deutschland GmbH kürte Prof. Dr. Jochen Maas gemeinsam mit Sebastian Hummel vom Hessischen Wirtschaftsministerium die Preisträger. Bei der anschließenden Ausstellung „Innovation zum Anfassen“ hatten alle Besucher die Gelegenheit, sich mit den jungen Unternehmerteams auszutauschen. Neue Ideen, Kreativität und ein reibungsloser Ablauf – der 5. Technology Slam war ein voller Erfolg. Wir freuen uns jetzt schon aufs nächste Jahr und viele neue Inspirationen!

Interview mit Timur Sirman von MagnoTherm Solutions

06.05.2019

Sie haben letztes Jahr beim Science4Life Venture Cup teilgenommen und sehr gut abgeschnitten. Was hat sich bei Ihnen seitdem im Unternehmen verändert? Wir haben angefangen unseren Businessplan, den wir damals mit Hilfe von Science4Life erstellt haben, in die Tat umzusetzen. Dafür sind wir seit Oktober an der TU Darmstadt dabei den Prototypen zu bauen und werden diesen voraussichtlich bis zum Jahresende fertigstellen. Nächstes Jahr starten wir dann mit den ersten Pilotprojekten. Wie hat Ihnen die Teilnahme am Venture Cup dabei geholfen? Sowohl für unser Team als auch für unsere Technologie haben wir letztendlich sehr von der Teilnahme profitiert. Einerseits waren die ersten beiden Phasen eine gute Übung von der anfangs rein technischen Idee zu einem ganzheitlichen Geschäftskonzept zu kommen. Dafür haben wir von unterschiedlichsten Perspektiven qualitativen Input erhalten. Das hat uns sehr geholfen eine Struktur zu entwickeln. Auf der anderen Seite hat uns der Businessplan beispielsweise dabei geholfen, sich für weitere Förderprogramme zu bewerben. Auch das Networking mit Industriekontakten war förderlich, um die richtigen Kunden anzusprechen und eine gewisse Sichtbarkeit sowie Glaubwürdigkeit zu erhalten. Können Sie Ihr Produkt kurz beschreiben? Wir entwickeln eine neue Kühltechnologie basierend auf Magneten und magnetischen Materialien. Das heißt wir bauen ein Kühlaggregat, das in Kühlsystemen sowohl Kälte als auch Wärme produziert und dabei den konventionellen Gaskompressor ersetzt. Vorteil ist, dass es deutlich energieeffizienter ist. Wir gehen derzeit von bis zu 40 Prozent Effizienzsteigerung aus. Außerdem verwendet das System keinerlei umweltschädliche Kühlgase. So wird es sicherer in der Anwendung. Mit welchem Hintergrund ist die Idee für Ihr Produkt entstanden? Die Idee für die Technologie an sich ist schon sehr alt. Doch erst in den 70er Jahren wurde erstmals überlegt sie für Kühlaggregate zu nutzen. Seit 1999 werden auch immer mehr interessante Materialien, Maschinen und Prototypen entwickelt. Bisher gibt es jedoch noch kein Produkt zu kaufen, da die Kosten dafür viel zu hoch sind. Unser Kollege Max Fries hat an der TU Darmstadt eine Entwicklung beobachtet, wie man diesen Kostenpunkt deutlich senken kann. Daraufhin haben wir erkannt, dass das Marktpotenzial enorm ist, weil die momentane Technologie mit Gaskompressionen deutliche Nachteile bringt. Derzeit werden die verwendeten Kühlgase nämlich weltweit Schritt für Schritt reduziert oder verboten, weil sie für die Umwelt bis zu 4000-mal so schädlich sind wie CO2. Zudem sind sie sehr giftig und stark entzündlich. Auch die Maschinen sind komplex und teuer. Somit entsteht eine gewisse Marktlücke für magnetokalorische Kühlaggregate. Da wir diese Technologie verwenden, können wir bereits bestehende Lösungen sehr gut ergänzen. Dabei leisten Sie auch einen Beitrag zur Energiewende und zum Klimaschutz? Ja, denn grundsätzlich ist Kühlen ein integraler Bestandteil des modernen Lebens. Kühlen braucht man für Lebensmittel, Medikamente, Industrieprozesse und viele weitere Branchen. Ironischer Weise führt die momentane Ar, wie wir kühlen dazu, dass der Planet immer wärmer wird. Momentan wird 1/5 der weltweiten Elektroenergie für Kühlung verwendet und dadurch entstehen zehn Prozent aller Treibhausgase. Kühlen ist somit ein sehr großer Hebel in der Klimawende. Wenn man hier die CO2-Emissionen reduziert, hätte es enorme Auswirkungen auf die gesamte Entwicklung. Wenn wir es also schaffen unser Produkt erfolgreich auf den Markt zu bringen, können wir einen entscheidenden Beitrag dazu leisten. Was waren bzw. sind für Sie als Startup die größten Schwierigkeiten im Energiebereich Fuß zu fassen? Die größten Herausforderungen sind, dass man zuerst einen Prototyp herstellen muss. Dies kann sich gerade in der Gründungsphase schwierig gestalten. Dann muss man auch passende Entwicklungspartner finden, um dies bewerkstelligen zu können. Drittens war es auch eine Herausforderung die notwendige Finanzierung zu bekommen. Das haben wir fürs Erste mit dem EXIST Forschungstransfer Programm vom BMWi geschafft. Gleichzeitig sind wir aber weiterhin auf der Suche nach neuen Finanzierungsmöglichkeiten, um weiter wachsen zu können. Welche Tools und Informationen haben Ihnen aus heutiger Sicht bei der Unternehmensgründung gefehlt und wer hat Ihnen neben Science4Life weitergeholfen? Man lernt natürlich mit der Zeit dazu. Es wäre aber gut gewesen, wenn man schon von Anfang an eine Sensibilisierung für die Unternehmensgründung gehabt hätte und weiß worauf es ankommt. Dafür hatten wir glücklicherweise an der Universität in Darmstadt ein gutes Gründungsbüro, das uns geholfen hat an unserer Idee weiterzuarbeiten und uns mit neuen Kontakten vernetzt hat. Durch Science4Life haben wir zudem einen Berater kennengelernt, der auch weiterhin mit uns zusammenarbeitet und mit dem wir sehr zufrieden sind. Im Zuge des Venture Cup sind wir außerdem mit der Hessen Agentur zusammengekommen, die uns die Möglichkeit gegeben hat auf der Hannover Messe einen Stand zu stellen. Insbesondere das hat uns geholfen Aufmerksamkeit zu erhalten und potenzielle Kunden zu akquirieren. Wo sehen Sie MagnoTherm Solutions in 5 Jahren? Wir wollen die Technologie der Magnetokalorik endlich auf dem Markt bringen und mit unserem Produkt das enorme Potenzial dieser Technologie ausschöpfen. Zudem möchten wir sie für alle verfügbar machen. Welche Tipps haben Sie an andere Gründer?  Das Wichtigste ist, dass man Spaß an der Sache hat, aber auch, dass man als Team an einem Strang zieht. Man sollte sich einen guten Plan machen und sich darauf fokussieren. Dennoch ist es wichtig sich nicht zu starr daran festzuhalten. Stattdessen sollte man immer offen für neue Inputs bleiben.   Über Timur Sirman, M.Sc: Timur Sirman arbeitet als Wirtschaftsingenieur im Business Development bei MagnoTherm Solutions. Das Unternehmen befindet sich derzeit in der Gründungsphase und entwickelt sichere, effiziente und leise Kühlaggregate. Hierbei nutzen sie magnetokalorische Materialien, die durch langjährige Forschungsarbeit an der TU Darmstadt co-entwickelt wurden. Die Kühlaggregate sind umweltfreundlich, explosionssicher, frei von F-Gasen, lautlos und bis zu 40 Prozent energieeffizienter im Vergleich zu herkömmlichen Technologien. Mit der kostengünstigen und skalierbaren Materialtechnologie von MagnoTherm Solutions kann die Magnetokalorik somit zum ersten Mal kommerzialisiert werden.

Besonderheit bei der Entwicklung von Medizinprodukten – Science4Life Expertentalk

16.04.2019

Der Weg eines Medizinprodukts von der grundlegenden Idee bis hin zum klinischen Gebrauch ist aufgrund vieler Regulationen sehr speziell. Was Gründer aus dem medizinischen Bereich bei diesem Prozess beachten sollten und welche Qualitäten ein gutes Medizinprodukt eigentlich erfüllen muss, besprechen wir mit der Gründerin und Geschäftsführerin der Expertants GmbH, Dr. Özlem Weiss.   Frau Dr. Weiss, können Sie den Weg eines Medizinprodukts von der Idee bis hin zur Marktzulassung vereinfacht beschreiben? Der Weg von der Idee bis zur tatsächlichen Anwendung eines Medizinproduktes am Patienten lässt sich in fünf Phasen unterteilen: Von der Idee geht es in die Entwicklung & Marktzulassung, danach kommt die Markteinführung, gefolgt von kontinuierlicher Marktbeobachtung und regelmäßiger Auditierung durch die sogenannten benannten Stellen. Medizinprodukte durchlaufen vor einer Markteinführung Bewertungen, Prüfungen und Tests hinsichtlich Sicherheit und Wirksamkeit. Begleitet wird dies mit umfangreichen Vorgaben zur Nachverfolgbarkeit und der damit verbundenen Dokumentation. Wir empfehlen deshalb beim Produktentwicklungsprozess der eigentlichen Produktentwicklungsphase eine Forschungs- oder Ideenphase vorzuschalten und erst, wenn es um die sehr konkret spezifizierte Entwicklung eines Medizinprodukts geht, den Produktentwicklungsprozess mit vollumfänglichen Regularien zu durchlaufen. Welche Hürden können währenddessen auf einen Gründer zukommen? Es kann passieren, dass ein Produkt von Anfang an nicht die regulatorischen Standardanforderungen erfüllt. Wenn dies erst bei den technischen Prüfungen am Prototypen festgestellt wird, muss man sein komplettes Produkt überarbeiten und erneut prüfen. Als Beispiel: Man verwendet in einem medizintechnischen Gerät eine Komponente aus einem Material, welches bestimmte Normen nicht erfüllt oder der Hersteller schließt die Verwendung in einem Medizinprodukt ausdrücklich aus. Dies führt zu einem hohen zeitlichen, als auch finanziellen Mehraufwand, da man entweder Entwicklungsschleifen mehrfach fahren muss oder sich der Aufwand in der klinischen Phase vervielfacht. Wenn sich Gründer nicht zeitig um Verfügbarkeiten und Abstimmungsschleifen kümmern, können unnötige Verzögerungen auftreten und das kostet nicht nur Geld, sondern auch Nerven. Wo liegen bei der Entwicklung von Medizinprodukten die großen Unterschiede im Vergleich zu anderen Branchen? Technische Sicherheit und klinische Wirksamkeit! Das muss jeder Medizinprodukteentwickler nachweisen. Und im Gegensatz zu anderen Branchen oder zur Entwicklung von Arzneimitteln gibt es folgenden Dreiklang: Patienten, Anwender und Dritte. Sie alle müssen im Hinblick einer sicheren Anwendung berücksichtigt werden. Während und auch nach der Entwicklung muss man dies durch ein striktes Risikomanagement immer wieder bewerten und gegebenenfalls Gegenmaßnahmen einleiten. Gründer, die ein Medizinprodukt auf den Markt bringen wollen, sollten sich außerdem vorher klar machen, in welche Märkte sie damit gehen wollen, ob sie das Produkt komplett selber entwickeln und produzieren wollen oder einzelne Schritte auslagern werden. Damit legt man wichtige Weichen bezüglich dem Umfang des Verfahrens vor der Markteinführung. Für die EU gilt dann stark vereinfacht: passendes Qualitätsmanagementsystem etablieren, Audit bestehen, ISO-13485-Zertifikat erlangen, die Erfüllung der sogenannten grundlegenden Anforderungen dokumentieren, technische Dokumentation aufbauen und zu guter Letzt der benannten Stelle zur Prüfung vorlegen. Erst wenn diese grünes Licht gibt, hat man Grund zum Feiern. Man darf sein Produkt mit einem CE-Kennzeichen versehen und eine CE-Konformitätserklärung ausstellen. All diese Arbeitsschritte kann und sollte man als junges Unternehmen outsourcen, um Zeit zu sparen und Risiken zu minimieren. Welche Qualitäten muss ein neu erfundenes Medizinprodukt haben, damit in Erwägung gezogen wird, es zu finanzieren und schließlich auch im medizinischen Alltagsgebrauch zu verwenden?  Die Qualität definiert sich aus den zuvor beschriebenen Anforderungen aus Sicherheit und noch mehr aus der Wirksamkeit: Der therapeutische Nutzen muss klar vorhanden sein. Das neue Produkt muss eine Verbesserung gegenüber vorhandenen Lösungen darstellen. Zudem gilt für Medizinprodukte das gleiche wie für alle Innovationen: Es muss ein Bedarf im Markt vorhanden sein. Was die Finanzierung und vor allem eine womöglich Risikofinanzierung betrifft, spielen Skalierbarkeit und Entwicklungsdauer eine wichtige Rolle. Zusätzlich sollten sich Gründer bei der Entwicklung des Geschäftsmodells vorher Gedanken über den gesamten Produktlebenszyklus machen. Technische und wirtschaftliche Machbarkeitsanalysen unter Berücksichtigung auch der Patentlage sind hierbei die wichtigen Hausaufgaben. Medizinprodukte müssen natürlich im Interesse der Patienten besonders fehlerunanfällig und zuverlässig sein. Wie spiegelt sich das in ihrer Entwicklung und beim Testen der Erfindungen wider?  Zunächst wird mittels Prototypen immer erst die technische Sicherheit geprüft. Dazu gehört vor allem die Biokompatibilität und darüber hinaus alle weiteren Eigenschaften und Funktionen, die meist über Normen klar definiert sind. Wenn man Glück hat, gibt es bereits ein äquivalentes Produkt im Markt und man kann die Wirksamkeit von Produkten der Klassen I bis IIb mittels klinischer Bewertungen durchführen, ohne allumfängliche eigene Studien. Gibt es jedoch kein ähnliches Produkt oder handelt es sich um ein Produkt der Risikoklasse III sind eigene klinische Studien unumgänglich. Was passiert, wenn ein Medizinprodukt eine der Prüfungen auf dem Weg zur Marktzulassung nicht besteht? Haben die Erfinder die Möglichkeit, ihr Produkt dahingehend zu verbessern und einen Test erneut durchzuführen? Das Verfahren für Medizinprodukte in der EU ist keine behördliche Zulassung im eigentlichen Sinne. Vielmehr handelt es sich um eine Produktzertifizierung. Ein CE-gekennzeichnetes Medizinprodukt ist sicher und wirksam. Ein technisches Medizingerät beispielsweise durchläuft davor z.B. elektrische Sicherheitstests. Solange diese Tests nicht bestanden werden, können und müssen sie wiederholt werden. Diese Schleifen sind erhebliche Kostentreiber und können durch sehr frühe Einbindung von erfahrenen QM- und Regulatory-Experten vermieden werden. Wichtiger Tipp für junge Unternehmen: Auf Pragmatiker setzen! Regularien kann man sehr umfangreich auslegen oder eben auch kurz und knackig erfüllen. Wie geht es weiter, wenn das Medizinprodukt eine Marktzulassung bekommen hat? Dann kommt erst die große Arbeit. Ein einmal in den Markt gebrachtes Medizinprodukt bedeutet Verpflichtungen über einen Zeitraum von mindestens 10 Jahren. Sobald das Produkt auf dem Markt zugelassen wurde, darf man sich nicht ausruhen. Ab jetzt erfolgen jährlichen Audits, teilweise unangekündigt. Außerdem heißt es: Informationen über das eigene und die äquivalenten Produkte auf dem Markt müssen kontinuierlich verfolgt werden. Egal ob Reklamationen, neue wissenschaftliche Erkenntnisse oder gar sogenannte Vorkommnisse, man muss immer handeln. All diese Daten müssen immer wieder in Risikoanalysen einfließen und man muss Abwägen ob der Nutzen weiterhin deutlich überwiegt. Gibt es bestimmte medizinische Anwendungsfelder und Bereiche, die neuartige und innovative Produkte dringend gebrauchen könnten? Überall und an allen Stellen. Konkret ist gerade die Digitalisierung in aller Munde. Wobei ich diese nicht nur in Form einer App oder einer Software verstehe. Eher ist Digitalisierung oder besser gesagt Automatisierung überall da eine Hilfe, wo noch viele manuelle Schritte durchgeführt werden und diese zwangsläufig menschlichen Fehler unterliegen. Aber auch Arbeitsabläufe könnten erleichtert werden. Durch den Einsatz von Pflegerobotern in Altenheimen könnte Personal entlastet werden, das 3D-Drucken patientenspezifischer Implantate kann die Wiederholungsrate von chirurgischen Eingriffen senken. Was raten Sie Gründern aus der Medizinbranche, die ihr Medizinprodukt auf den Markt bringen wollen? Wie können sie sich ihre Arbeit erleichtern und welche Fehler können sie vermeiden? Ganz klar: Jedes Gründerteam sollte jemanden intern/extern aus dem Bereich Zulassung und Qualitätswesen an Bord haben, der von Anfang an Teil der Produktentwicklung ist. Außerdem: Die Abnehmer, also Kunden bei Medizinprodukten, sind nicht immer der Patient, sondern zunächst auch Krankenkassen oder Ärzte. Es ist also wichtig, sich früh genug über das Gesundheitswesen und dessen Kostenerstattungsstrukturen zu informieren. Handelt es sich auf dem Markt um eine Kassenleistung oder muss das Produkt privat finanziert werden? Diese Dinge sollten klar sein, bevor es überhaupt in die Entwicklung geht.   Über Dr. Özlem Weiss: 2018 gründete Dr. Özlem Weiss mit der Expertants GmbHein Start-up im Sektor der additiven Fertigung (3D-Druck), das andere Unternehmen bei der Gründung und Entwicklung von medizinischen Produkten unterstützt. Bevor sie sich 2009 erstmals mit der Gründung von IBD Consultingselbstständig machte, arbeitete Weiss bereits am Max-Planck-Institut für Kohleforschung und bei Heraeus Kulzer in führenden Positionen. Zudem teilt sie ihr Business-Wissen mit unseren Teilnehmern als Mitglied des Science4Life Experten-Netzwerk.  

Alumni News des Monats

15.04.2019

Finanzierungsrunden, neue Geschäftsfelder und Produktzulassungen – im März war wieder einiges los bei unseren ehemaligen Teilnehmern und Gewinnern. Wir stellen euch die spannendsten News unserer Alumni Oculyze, CorTec und Cytena vor: Oculyze erhält Investitionsschub Oculyze verwandelt mobile Endgeräte mithilfe einer cloudbasierten Bildanalysesoftware in leistungsstarke Mikroskope. Nun konnte sich Oculyze eine siebenstellige Finanzierung der Constantia New Business (CNB) GmbH mit Sitz in Wien sichern. CNB ist ein Venture-Capital-Investor, der mit High-Tech-Startups zusammenarbeitet und schließt sich damit BFB Brandenburg Kapital GmbH an, der bereits 2017 investiert hatte. Zur Pressemitteilung Oculyze plant Entwicklung neuer innovativer Anwendung für Winzer Oculyze hat einen Zuschuss von der Arbeitsgemeinschaft industrieller Forschungsvereinigungen (AiF) erhalten, um ihre innovative Technologie zur Messung von Hefezellen an die Bedürfnisse von Winzern anzupassen. Die Neuentwicklung soll eine genaue Analyse der Hefekonzentration vor und während des Fermentationsprozesses ermöglichen. Das Projekt, das gemeinsam von Oculyze und dem Weincampus Neustadt durchgeführt wird, befindet sich derzeit in der Entwicklungsphase und wird voraussichtlich in der zweiten Hälfte des Jahres 2019 durch Pilotversuche erstmals in Kundenhände gelangen. Zur Pressemitteilung Cytena sichert sich 3 Millionen Euro in Serie-A für Wachstum und Entwicklung Die Cytena GmbH hat eine weitere Finanzierungsrunde erfolgreich abgeschlossen. Insgesamt investieren zwei Privatinvestoren sowie der High-Tech Gründerfonds (HTGF) weitere 3 Millionen Euro in das Unternehmen. Mit dem neu eingeworbenen Kapital wird Cytena die Labortechnologie ihrer single-cell printer weiterentwickeln, die Vertriebstätigkeit ausbauen und das Potential weiterer Anwendungsfelder zügiger erschließen. Zur Pressemitteilung Erstes Produkt von CorTec in den USA zugelassen Manche Hirnerkrankungen können eine chirurgische Entfernung der betroffenen Teile des Gehirns erfordern. Die AirRay Cortical Electrode von CorTec wird für das invasive Neuromonitoring genutzt, bei dem die Gehirnaktivität von der kortikalen Oberfläche über einen längeren Zeitraum aufgezeichnet beziehungsweise stimuliert wird. Die Food and Drug Administration (FDA) hat die AirRay Cortical Electrode nun für den klinischen Gebrauch in den USA zugelassen. Das erste Medizinprodukt des jungen Freiburger Unternehmens wird künftig als diagnostisches Hilfsmittel beispielsweise vor Hirnoperationen genutzt. Zur Pressemitteilung