12.10.2022

Herausforderungen von Apps im Gesundheitswesen: Interview mit Nia Health

Apps auf Rezept sind in der Healthcare-Branche auf dem Vormarsch und viele Start-ups entwickeln neue Lösungen, die Patienten digital entlasten sollen. Um mit digitalen Gesundheitsanwendungen erfolgreich zu sein, muss allerdings eine Reihe an Herausforderungen gemeistert werden: Von gesetzlichen Regulatorien über eine Vielzahl an Stakeholdern bis zur Schaffung von Akzeptanz. Auch Nia Health hat das Ziel, mit der Neurodermitis App Nia, die erste dermatologische DiGA von BfArM listen zu lassen. CEO Tobias Seidl einen spannenden Einblick in seine Erfahrungen und hat wertvolle Tipps parat. 

  1. Wer seid Ihr und was macht Euer Start-up?
Wir, Nia Health, nutzen Technologie als Bindeglied zwischen medizinischer Betreuung und Patienten von chronischen Hauterkrankungen. 2019 als Spin-off der Berliner Charité gegründet, haben wir unter anderem die preisgekrönte und in Europa meistgenutzte Neurodermitis-App Nia entwickelt. Nia ist die erste als Medizinprodukt zugelassene dermatologische App, die ortsunabhängige, digitale und klinisch validierte Unterstützung der Patienten erlaubt. Wir nutzen dabei innovative Technologien, wie zum Beispiel Machine Vision. Unser Ziel ist es, die Versorgungsqualität durch vollumfängliche und digitale Unterstützung von chronisch Erkrankten nachhaltig zu verbessern. 
  1. Zum Zeitpunkt, als Ihr Eure App entwickelt habt, bestand die Möglichkeit, Apps auf Rezept zu verschreiben, noch nicht. Inwiefern hat das Euer Geschäftsmodell beeinflusst? Habt Ihr bereits fest damit gerechnet, dass eine entsprechende Regelung bald folgt? 
Wir haben von Anfang an viel Potenzial im Digital Health Bereich des deutschen Gesundheitswesens gesehen, vor allem in der Dermatologie. Das Digitale-Versorgungs-Gesetz (DVG) schafft die Voraussetzung, um Digitalisierung auf offizieller und politischer Ebene zu etablieren. Wir haben damit gerechnet, dass so etwas wie das DiGA-Fast-Track-Programm kommt und arbeiten momentan auch an unserem Ziel, als Digitale Gesundheitsanwendung (DiGA) gelistet zu werden. Unser Geschäftsmodell hat das allerdings wenig beeinflusst, da viele Krankenkassen ohnehin bereit sind, zu kooperieren und ihren Versicherten digitale Behandlungsergänzungen anbieten. Von Beginn an war es uns wichtig, mit allen Stakeholdern in dem deutschen Gesundheitsmarkt eng zusammenzuarbeiten – unabhängig von politischen Rahmenbedingungen, die dennoch richtungsweisend sind.
  1. Was waren die größten Herausforderungen bei der Gründung von Nia Health?
Die Strukturen und Regulatorik des deutschen Gesundheitswesens sind sehr komplex. Dabei mussten wir die vielen Stakeholder berücksichtigen. Denn obwohl Patienten unsere Endnutzer sind, spielen alle Stakeholder eine enorm wichtige Rolle für den Erfolg des Unternehmens. Seien es Ärzte, Krankenkassen, Patienteninstitutionen, Kliniken oder Pharmaunternehmen. Gerade für jemanden wie mich, der aus dem E-Commerce Bereich kommt, war diese vielschichtige Branche zu Beginn besonders spannend. Hier haben sich aber auch wieder unsere komplementären Erfahrungen im Gründerteam ausgezahlt (mein Co-Gründer Oliver war zuvor jahrelang CTO bei Caresyntax), sodass wir von Anfang an gut in dem Gesundheitsmarkt manövrieren konnten. 
  1. Wie holt man Krankenkassen an Bord? 
Das ist eine gute Frage! Wir haben die Erfahrung gemacht, dass viele Krankenkassen sehr interessiert an digitalen Lösungen und Behandlungsergänzungen sind. Sie sehen oft einen Mehrwert für Ihre Versicherten und sind gerne bereit, eine Zusammenarbeit einzugehen – vorausgesetzt, Zeitpunkt und Lösung sind sinnvoll und passend für ihre Versicherten. Krankenkassen müssen natürlich auch wirtschaftlich denken und setzen je nach Versichertenstruktur einen Fokus. Man muss den aktiven Austausch suchen, aber wenn sich erfolgreiche Kooperationen rumsprechen, kommen Krankenkassen auch auf einen zu – was uns immer sehr freut. Wir stehen ständig im Austausch mit (potenziellen) Kooperationspartnern. Eine langfristige und nachhaltige Partnerschaft, gerade im Umfeld der medizinischen App-Entwicklung, ist uns hierbei sehr wichtig.
  1. Ihr habt seit 2021 eine Kooperation mit Sanofi Genzyme. Wie habt ihr es geschafft, einen so großen Partner mit ins Boot zu holen?
Sanofi Genzyme ist in der Tat ein wichtiger Partner für uns. Wir haben den Austausch mit Sanofi Genzyme damals gesucht, da wir davon überzeugt waren, dass eine Zusammenarbeit ein perfekter Fit ist. Sanofi ist sehr innovativ und agil aufgestellt, wenn es um neue Lösungsansätze zur Therapiebegleitung geht. Dabei haben sie früh den Mehrwert und das Potenzial unserer Plattform erkannt. Anfang 2022 haben wir unsere Kooperation verlängert, was für unsere Lösungen spricht und uns stolz macht.

Es gibt sicherlich nicht DEN einen geheimen Tipp, um so einen großen Pharmakonzern als Partner zu gewinnen. Wenn die Technologie innovativ und Mehrwert stiftend ist und herausgearbeitet werden kann, wohin die gemeinsame Reise gehen soll, sind auch große Konzerne offen, mit jüngeren Unternehmen zusammenzuarbeiten. Durch so eine Zusammenarbeit profitieren dann häufig beide vom Know-how und der Arbeitsweise des anderen. Mit Sanofi hat das von Anfang an hervorragend geklappt.

Die Teilnahme am Science4Life Venture Cup hat uns bei den Kooperationsgesprächen mit Sanofi Genzyme natürlich sehr geholfen.

  1. Wie ist die Akzeptanz der Ärzte? Gibt es dort besondere Hürden? 
Diese Frage lässt sich tatsächlich nicht einfach mit gut oder schlecht beantworten. Ich kann natürlich nur aus unseren Erfahrungen sprechen. Wir haben uns bereits ein Dermatologen-Netzwerk mit niedergelassenen Ärzten aufgebaut, die von unserem Ansatz überzeugt sind und unsere medizinischen Apps ihren Patienten aktiv empfehlen. Da gibt es also unserer Erfahrung nach viel Offenheit und Interesse. Das bestätigt auch unser Auftreten auf dermatologischen Fachmessen, wie zum Beispiel der FOBI in München (Fortbildungswoche für praktische Dermatologie & Venerologie). Dort bekommen wir im direkten persönlichen Austausch nochmal sehr gute Rückmeldung zu Nia und merken, wie interessiert vor allem junge Ärzte an dem Einfluss der Digitalisierung in ihrem Berufsfeld sind. Ich denke aber auch, unser Advisory Board mit führenden Key Opinion Leader aus der Dermatologie spricht für sich. Führende Experten wie Prof. Dr. med. Margitta Worm, PD Dr. Alexander Zink oder PD Dr. med. Athanasios Tsianakas, um nur ein paar zu nennen, formen unseren wissenschaftlichen Beirat und unterstützen uns, unsere Unternehmung weiter voranzutreiben. 

Hürden gibt es dennoch, die gerade durch Unwissenheit entstehen, wenn Ärzte nicht genügend über DiGAs aufgeklärt werden. Hier sehen wir die Entscheider auf politischer Ebene in der Pflicht, dies auszubauen. Man kann nicht erwarten, dass Ärzte etwas verschreiben, was sie noch nicht kennen. Deswegen sind Ärzte sehr froh, wenn wir in den Austausch treten und nicht nur über unsere Anwendung, sondern auch über die Regulatorik sachlich aufklären.

  1. Ihr habt im Oktober 2020 die Psoriasis App Sorea entwickelt – was habt Ihr diesmal anders gemacht und was für Learnings habt Ihr aus der Entwicklung von Nia mitgenommen?
Bei Sorea gehen wir eine komplett andere Indikation an und haben entsprechend auch andere Erhebungsinstrumente implementiert. Von der engen Zusammenarbeit mit Ärzten, Kliniken und Patienten konnten wir allerdings viel Gelerntes bei Sorea umsetzen. Uns war von Anfang an bewusst, wie wichtig die Expertise von niedergelassenen Ärzten, als auch von Kliniken ist – genauso wie die Wünsche und Bedürfnisse der Betroffenen. Bei Nia haben wir mit dem AGNES Verein zusammengearbeitet. Bei Sorea haben wir auch wieder mit einer Fachklinik ein bestehendes Curriculum digital weiterentwickelt. Das Wichtigste ist, wirklich von Anfang an alle mit ins Boot zu holen, nur so kann die App bei Patienten und Ärzten gut angenommen werden. Deshalb kooperieren wir auch mit dem deutschen Psoriasis-Bund, der größten deutschsprachigen Patientenvereinigung.
  1. Welche Tipps habt Ihr für Start-ups, die eine App auf Rezept entwickeln?
Meine Top 3 Tipps wären: Beharrlichkeit, exzellente Expertise und Agilität. Beharrlichkeit, da das Gesundheitswesen ein herausforderndes Pflaster ist, vor allem bei der Digitalisierung. Da braucht es viel Durchhaltevermögen. Die richtigen Experten – Kliniker, niedergelassene Ärzte und Patienten – sind wichtig bei der Entwicklung einer qualitativ hochwertigen, patientenorientierten Lösung, die auch in der Praxis funktioniert und anwendbar ist. Agilität, um schnell und flexibel zu agieren, um den Anforderungen aller Stakeholder gerecht zu werden. Gerade in einem stark regulierten System wie dem Gesundheitswesen, das von Natur aus nicht besonders schnell Änderungen anstößt, ist Agilität wichtig. Aber auch der Austausch mit anderen DiGA Herstellern ist wichtig. Man kann immer voneinander lernen und sich unterstützen. 
  1. 9. Wo seht Ihr die Digital Health Branche in 10 Jahren – welche Entwicklungen erwartet Ihr?
Eine schwierige Frage. Für die Digital Health Szene sind 10 Jahre eine enorm lange Zeit. Vor allem, wenn man bedenkt, welche Fortschritte es allein seitens technologischer Entwicklung in den letzten Jahren gegeben hat – gerade in der Dermatologie! Es gibt unglaublich spannende Einsatzmöglichkeiten von Wearables. Aktuell befinden wir uns in einer entscheidenden Phase, wie es mit den DiGAs weitergeht. Es gibt noch viel Verbesserungspotenzial beim DiGA-Prozess und dem niederschwelligen Zugang zu DiGAs. Das wird sicher auch einen entscheidenden Einfluss auf den Einsatz digitaler Tools im Praxis-Alltag nehmen.

Die Digitalisierung wird eine individualisierte Medizin weiter vorantreiben und so eine immer wichtigere Rolle in der Versorgung spielen und auch die Qualität der Versorgung weiterhin erheblich aufwerten. Schon jetzt gibt es starke Lösungen auf Basis von KI, die das Fachpersonal unterstützen und entlasten können und einen Mehrwert für Patienten stiften. Wir hoffen, dass im Gesundheitswesen Schnittstellen übergreifend zusammengearbeitet werden kann, dass der clincial pathway eines jeden Patienten individualisiert und reibungslos über alle Stationen des Gesundheitswesens hinweg möglich ist.

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Warum der Aufbau einer Unternehmenskultur für Start-ups essentiell ist

18.10.2024

Prototypen fertigstellen, Investoren finden, Sales-Funnels aufbauen – die Prioritäten bei der Gründung der meisten Start-ups sind ähnlich, und das aus gutem Grund. Doch sobald ein junges Unternehmen beginnt, seine ersten Mitarbeiter einzustellen, eröffnen sich neue Herausforderungen. Eine solche Herausforderung ist das Schaffen einer Unternehmenskultur. Eine gute Unternehmenskultur ist die Basis dafür, Mitarbeiter zu gewinnen und zu halten, meint Kim Hampel – Operational Excellence Manager für die Biotest AG. Im Science4Life-Interview verrät er, wie Start-ups mit diesem Thema umgehen können und wo die Unterschiede zu etablierten Unternehmen liegen. Was bedeutet „Unternehmenskultur“? Was beinhaltet sie und wie wird sie definiert? Ich denke, es ist sinnvoll, sich zuerst mit dem Begriff „Kultur" vertraut zu machen, bevor man sich mit „Unternehmenskultur" auseinandersetzt. Der Begriff „Kultur" ist meines Erachtens nicht trivial und wird zudem unterschiedlich definiert. Die Definitionen zum Begriff haben jedoch gemeinsam, dass Meinungen, Ansichten oder Haltungen beschrieben werden, die zu einem Verhalten führen, das sich über längere Zeiträume bewährt hat. Ein Beispiel dafür ist der Respekt vor Hierarchien und älteren Personen in China, Indien oder Japan. In ähnlichen Regionen wird zudem zumeist nur indirekt kommuniziert, da nicht erwünscht ist, dass man seine Meinung direkt kundtut und widerspricht, während in z.B. Amerika direkte Kommunikation und die aktive Beteiligung an Diskussionen gewünscht ist. Kulturen entwickeln sich nicht ad hoc, sondern unterliegen Zyklen sowie politischen und wirtschaftlichen Entwicklungen. Es wird auch beschrieben, dass Ansichten und Verhaltensweisen bei Generationsübergängen weitergegeben werden. Vielleicht erkennt der ein oder andere selbst, dass manche Haltungen und Verhaltensweisen zumeist angenommen und akzeptiert werden, da subjektiv gesehen initial ein „funktionierendes System" wahrgenommen wird. Ich möchte damit jedoch keinesfalls sagen, dass wir nicht in der Lage sind, Haltungen oder Verhaltensweisen zu hinterfragen. Allerdings dürfte es vielen bekannt vorkommen, dass in bestehenden Unternehmen gewisse Haltungen und Ansichten aufgrund etablierter Prozesse und Strukturen zumeist akzeptiert und übernommen werden. Um den Begriff "Kultur" noch etwas greifbarer und messbarer zu machen, wurden durch Hofstede unterschiedliche Kultureigenschaften geprägt. Bei den Kultureigenschaften handelt es sich um "Machtdistanz" [1.], die Ausprägung des "Individualismus" (Teamgedanke) [2.], ob der Umgang innerhalb des Kulturkreises "feminin" oder "maskulin" geprägt ist [3.], die Ausprägung der "Langfristorientierung" [4.], die "Unsicherheitsvermeidung" [5.] oder des "Genusses" bzw. "Verzichtes" [6.]. Die Kultureigenschaften sind durchaus auf die eigene Unternehmenskultur übertragbar und können dabei helfen, eigene Haltungen und Ansichten sowie die der Unternehmensorganisation zu reflektieren. Klassisches Unternehmen vs. Start-up: Welchen Stellenwert hat die Unternehmenskultur? Der Begriff Kultur hat für ein Unternehmen, sei es ein Start-up oder ein bestehendes Unternehmen, zunächst keinen wichtigen Stellenwert per se, vorausgesetzt die Prozesse und Strukturen im Unternehmen greifen reibungslos ineinander. Dies kann jedoch meiner Meinung nach nur für einen eingeschränkten Zeitraum zutreffen, in dem wirtschaftliche und politische Rahmenbedingungen, der Reifegrad des Kernprodukts und technologische Entwicklungen innerhalb des Wettbewerbs übereinstimmen. Eine solche „Symbiose" wird jedoch vermutlich in den wenigsten Fällen zutreffen. Politische Situationen verändern sich kontinuierlich und beeinflussen die Märkte. Es finden stets Veränderungen der Wettbewerbssituation aufgrund technologischer Entwicklungen statt. Aus diesem Grund ist es sowohl für bestehende Unternehmen als auch für Start-ups relevant, sich mit der Unternehmenskultur auseinanderzusetzen und zu reflektieren, welche Haltungen und Verhaltensweisen im Unternehmen gelebt werden sollen und welche der aktuellen Marktsituation angemessen sind, um die Wettbewerbsfähigkeit positiv zu beeinflussen. Gerade bei Neugründungen gibt es viele Herausforderungen: Finanzierungen, Entwicklung von Prototypen, erste Marktreife – wo bleibt da die Zeit für eine Unternehmenskultur? Wann ist der richtige Zeitpunkt, um darüber nachzudenken? Ich denke, die Unternehmenskultur wird bereits zum Zeitpunkt der Gründung durch die Rahmenbedingungen der Märkte beeinflusst. Es macht daher durchaus Sinn, sich mit der aktuellen Situation innerhalb und außerhalb des Unternehmens auseinanderzusetzen. Dabei sollte reflektiert werden, welche strategischen Ziele das Unternehmen verfolgt und welche Kultureigenschaften bei den Mitarbeitenden gewünscht sind, die dazu beitragen, die Unternehmensziele zu erreichen. An dieser Stelle gibt es kein „richtig oder falsch", denn jedes Unternehmen kann je nach Branche unterschiedlich strukturiert und aufgebaut sein. Grundsätzlich lässt sich jedoch sagen, dass aufgrund des stetigen Wettbewerbs Agilität und kontinuierliche Prozessverbesserung für jedes Unternehmen, egal ob während oder nach der Gründung, eine elementare Rolle spielen. Diese Faktoren können durch die Unternehmenskultur maßgeblich beeinflusst werden. Es ist daher wichtig, die Rahmenbedingungen aktiv wahrzunehmen. Was ist für eine starke Unternehmenskultur nötig? Könntest du uns in ein paar konkreten Schritten erläutern, wie Gründer diese implementieren können? Zum Glück gibt es bei der Beurteilung von Kulturen kein „richtig" und kein „falsch". Es ist daher nur subjektiv zu beantworten, ob eine Unternehmenskultur stark ist. Relevant sind hierfür die Unternehmensziele und die notwendigen Kultureigenschaften. Diese sollten im Umkehrschluss mit den Verhaltensweisen und Haltungen der Mitarbeitenden übereinstimmen.  Die Frage, ob die gelebte Kultur für das Unternehmen eine „starke" Kultur darstellt, wird zudem selten gestellt. In diesem Zusammenhang ist es wichtig zu erkennen, ob und wie Differenzen ausgeprägt sind. Differenzen können sich beispielsweise beim Nichterreichen von spezifischen Zielen widerspiegeln, wobei dies in der Regel nicht allein auf die Kultur beschränkt ist. Differenzen zwischen der gewünschten und der tatsächlich gelebten Kultur können leichter erkannt werden, wenn der Soll-Zustand reflektiert wird: Wo möchte das Unternehmen in 2, 5 oder 10 Jahren stehen? Welches Verhalten und welche Haltungen der Mitarbeitenden werden hierfür benötigt? Die "Kulturdimensionen" nach Hofstede sind geeignete Ansatzpunkte, um eine erste Einschätzung durchzuführen. Dies kann bspw. im Rahmen einer Umfrage geschehen: Wie gehen wir im Unternehmen mit Hierarchien um? Duzen wir uns? Neigen wir dazu, Risiken einzugehen oder vermeiden wir diese? Eine Mitarbeiterbefragung kann helfen, den Ist-Zustand zu erfassen und die Angestellten gleichzeitig aktiv bei der Reflexion mit einzubinden. ​Hierdurch wird den Mitarbeitenden zudem das Gefühl vermittelt, dass ihre Meinung und ihr Verhalten für das Unternehmen wichtig und sie an der Ausrichtung der Unternehmenskultur beteiligt sind. Wurde der Ist-Zustand ermittelt und mit dem Soll-Zustand verglichen, müssen entsprechende Maßnahmen evaluiert werden, die dazu beitragen, die Unternehmenskultur positiv zu beeinflussen. Entscheidend sind hierbei die Geschäftsleitung und das obere Management, die ihre Haltungen und Verhaltensweisen über die Führungskräfte an die Mitarbeitenden weitertragen und beim Umsetzen der Maßnahmen eine Vorbildfunktion einnehmen. Eine moderne Unternehmenskultur ist ja oftmals eher mitarbeiterzentriert. Wie geht das mit einer produkt-/ideenorientierten Kultur in jungen Start-ups zusammen? Ich glaube, da gibt es keinen signifikanten Unterschied. In meinen Augen ist der Erfolg eines Start-ups oder eines bestehenden Unternehmens grundsätzlich von den Mitarbeitenden abhängig. Es besteht daher in beiden Fällen immer die Schwierigkeit, dass sich Arbeitsbedingungen, Priorisierungen, das Umfeld oder Ziele schnell verändern können. Problematisch ist in meinen Augen, dass wir Veränderungen nicht umgehend akzeptieren, da wir zumeist verstehen wollen, was zu einer Veränderung geführt hat und warum diese notwendig ist. Ein gutes Change-Management berücksichtigt daher bei der Kommunikation mit den Mitarbeitenden die Gründe und Auslöser von Veränderungen. Schließlich sollte sich das gesamte Unternehmen als Team wahrnehmen und die gleichen Ziele verfolgen. Jeder von uns ist Teil eines solchen Teams und möchte, dass das Erreichen von Zielen auch gefeiert und wertgeschätzt wird. Wie analysiert man als Gründer bestehende Prozesse in seinem Start-up richtig? Gerade hier kommen ja oftmals die Themen „Betriebsblindheit“ und ein starker Fokus auf die Entwicklung der Geschäftsidee dazu. Es ist generell wichtig, Prozessanforderungen zu formulieren und mit Hilfe von KPIs zu überwachen und zu steuern. An dieser Stelle ist entscheidend, dass die KPIs die „wahren Bedürfnisse" der Prozessanforderungen erfüllen. Da spielt es vermutlich keine Rolle, ob es sich um ein Start-up oder um ein bestehendes Unternehmen handelt. Sofern relevante Geschäftsprozesse jedoch aufgrund der Unternehmensentwicklung (noch) nicht durch KPIs gesteuert werden, unterliegen Prozessprobleme vermutlich zumeist Gefühlen wie Unzufriedenheit oder Demotivation. Das Ergebnis kann sein, dass die Routine ständig durch Priorisierungen und „Firefighting“ geprägt ist. Hierbei ist es wichtig, das Gefühl erst einmal bewusst wahrzunehmen und anhand von Daten messbar zu machen. Fragen wie „Welcher Prozess läuft schlecht?" und „Was sind meine Anforderungen an den Prozess, damit ich zufrieden bin?" werden z. B. im Rahmen von Lean Sigma strukturiert erörtert. Hierbei handelt es sich um anerkannte Managementpraktiken, um Ziele klar zu formulieren, Probleme messbar zu machen, datenbasiert zu analysieren, zu verbessern und relevante KPIs zu entwickeln. Eine Belegschaft sollte daher auch mit Begriffen des Lean Managements wie z.B. "TIMWOOD" vertraut sein und für Prozessverbesserung sensibilisiert werden. Wie bereits erwähnt, wird die Voraussetzung hierfür durch die Geschäftsleitung und das obere Management geschaffen. Die Weiterbildung der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter ist aus meiner Sicht auch eine sehr wertschätzende Maßnahme, um Verbesserungen im Unternehmen anzustoßen und zu fördern. Betriebsblindheit tritt meiner Einschätzung nach zumeist in Organisationen auf, in denen mangelhaft kommuniziert, keine kontinuierliche Verbesserung praktiziert und die Fehlerkultur negativ beeinflusst wird. Um Oakland und Tanner zu zitieren: „Most people start work for an organisation with positive attitudes and behaviours and it is frequently the systems and environment that cause problems and deterioration“ (Successful Change Management, 2007). Wir sollten daher niemals vergessen, dass wir alle Menschen sind und Träume und Ziele verfolgen. Dies treibt uns an! Es liegt daher in unserer Natur, dass wir uns in Gruppen organisieren, um mithilfe kontinuierlicher Verbesserung unsere Ziele zu erreichen. Schließlich können wir dann gemeinsam Erfolge feiern. 

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Die Ideenphase von Science4Life

02.09.2024

Science4Life richtet jährlich den bundesweit größten und wichtigsten Businessplan-Wettbewerb für die Branchen Life Sciences, Chemie und Energie aus. Die Gründerinitiative verfolgt dabei eine konsequente Ausrichtung auf die Bedürfnisse der Gründungsinteressierten und Start-ups und berücksichtigt die spezifischen Herausforderungen in den verschiedenen Branchen. Der Science4Life Venture Cup richtet sich dabei an Gründende aus den Bereichen Life Sciences und Chemie, während der Science4Life Energy Cup ein maßgeschneidertes Programm für Energie-Teams bietet. Der Businessplan-Wettbewerb besteht aus drei Phasen: Ideenphase, Konzeptphase und Businessplanphase. Die neue Wettbewerbsrunde startet am 1. September 2024 und endet am 30. Juni 2025 mit der Prämierung der Gesamtsieger des Science4Life Venture Cup und des Science4Life Energy Cup. Der Einsendeschluss für Wettbewerbsbeiträge in der Ideenphase ist der 14. Oktober 2024. Heute erklären wir im Detail, wie die erste Phase des Wettbewerbs – die Ideenphase – abläuft. Der Grundstein: Die Ideenskizze Die Ideenphase ist die erste der drei Wettbewerbsphasen des Science4Life Venture Cup und des Science4Life Energy Cup. Ziel dieser ersten Phase ist es, die eigene Geschäftsidee auf ihre Umsetzbarkeit am Markt zu prüfen. Die Darstellung der Innovation sollte kurz und knapp auf maximal drei Seiten erfolgen. Zum Inhalt gehören Informationen über die Idee, den Innovationsgrad, die Entwicklungsschritte, das Team, das Netzwerk, den Markt, die Konkurrenz und den Schutz der Idee . Zur Orientierung kann die Mustervorlage für die Einreichung genutzt werden. Sie kann in englischer oder deutscher Sprache ausgefüllt werden. Um die fertige Ideenskizze einzureichen, müssen sich Gründerteams unter www.science4life.de registrieren. Eine frühzeitige Registrierung ist für alle Teilnehmer empfehlenswert, denn erst nach erfolgter Registrierung steht der Zugang zum Experten-Netzwerk und den vielfältigen Fortbildungs- und Informationsangeboten von Science4Life offen. Die fertige Ideenskizze muss im PDF-Format auf dem Science4Life Portal bis zum Einsendeschluss am 14. Oktober 2024 hochgeladen werden. Das Kernstück: Die Bewertung durch Experten Kern der Ideenphase ist die Bewertung der Ideenskizze durch ausgewiesene Branchenexperten. Die Bewertung und das dazugehörende Feedback der Experten ermöglicht es den Gründerteams, Marktchancen früh zu erkennen und das eigene Geschäftsmodell rechtzeitig anzupassen. Die Bewertung erfolgt ausschließlich durch Experten aus unserem weitverzweigten Netzwerk, das aus rund 200 Institutionen und Unternehmen besteht. Zu ihnen zählen Organisationen des öffentlichen Rechts, international agierende Konzerne, kleine und mittlere Unternehmen, Banken, Venture Capital Gesellschaften, Beratungs- und andere Dienstleistungsunternehmen, Anwälte, Wirtschaftsprüfungsgesellschaften sowie Universitäten, Hochschulen und andere Forschungseinrichtungen. Die Bewertung der Ideenskizzen erfolgt nach einem standardisierten Verfahren durch ein Punktesystem. Alle Bewertungen enthalten ein individuelles Feedback, aus wissenschaftlicher und kaufmännischer Sicht, für die einzelnen Bestandteile der Skizze. Entsprechend der erreichten Punktzahl werden die Gewinner der Ideenphase ermittelt. Die zehn besten Teams des Venture Cup und die fünf besten Teams des Energy Cup gewinnen die Teilnahme am digitalen Science4Life-Academy Day der Ideenphase. Zusätzlich werden die fünf besten Teams des Science4Life Venture Cup und die besten drei Teams des Science4Life Energy Cup mit einem Preisgeld von jeweils 500 € ausgezeichnet. Der Mehrwert: Die Science4Life Academy und das riesige Experten-Netzwerk Die Teilnehmer der Ideenphase erhalten Zugang zu einem etablierten Netzwerk aus Rechtsanwälten, Marketing-Profis, Business-Angels, Experten und anderen Start-ups. Gerade am Anfang eines Gründungsvorhabens ist ein solches Netzwerk von großem Wert. Darüber hinaus steht allen registrierten Teilnehmern im Rahmen der Science4Life-Academy ein umfassendes Informations- und Weiterbildungsangebot offen. Auf die Teilnehmer am digitalen Science4Life-Academy Day warten Seminare, Coachings und offene Diskussionsmöglichkeiten mit verschiedenen Branchenexperten. Im Austausch und gemeinsamen Dialog mit den anwesenden Experten wird die Idee aus verschiedenen Blickwinkeln betrachtet und offene Fragen geklärt. Die Teilnehmer: Ideenträger mit Mut zur Selbstständigkeit Am Science4Life Venture Cup können alle Personen teilnehmen, die ein Unternehmen in den Bereichen Life Sciences oder Chemie gründen wollen. Für Gründerteams aus dem Bereich Energie steht die Teilnahme am Science4Life Energy Cup offen. Egal ob Student, Doktorand, wissenschaftlicher Mitarbeiter oder Angestellter – alle mit einer guten Idee sind zur Teilnahme eingeladen. Auch wer sein Unternehmen innerhalb der letzten 24 Monate vor Start der Ideenphase gegründet hat, kann mitmachen. Dabei sind sowohl Teams als auch Einzelpersonen willkommen. Die Teilnahme am Wettbewerb und allen damit verbundenen Veranstaltungen ist kostenfrei. Gründerteams können sich ab 1. September 2024 für die Teilnahme an der Ideenphase registrieren und beim Science4Life Venture Cup und Science4Life Energy Cup einsteigen. Es ist aber auch möglich, erst in der darauffolgenden Konzept- oder Businessplanphase teilzunehmen, da die Bewertung in einer Phase unabhängig von den Einreichungen in den anderen Phasen erfolgt. Wir freuen uns auf den Start der neuen Wettbewerbsrunde und erwarten voller Spannung die Einsendung vieler innovativer Geschäftsideen. Weitere Informationen zum Wettbewerb, der Einreichung, Teilnahme und allen rechtlichen Rahmenbedingungen gibt es hier.

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Wirtschaftsförderer des Landes Hessen

30.08.2024

Die LEA LandesEnergieAgentur Hessen übernimmt im Aufrag der Hessischen Landesregierung zentrale Aufgaben bei der Umsetzung der Energiewende und des Klimaschutzes. Die Angebote richten sich an hessische Bürger, gesellschafliche Organisationen, Kommunen und Unternehmen. Die LEA Hessen bietet Informationen, Erstberatungen und begleitende Unterstützung bei der Auswahl und Umsetzung von Maßnahmen zum Klimaschutz, zur Energieeffizienz, zur Energieeinsparung oder zum Ausbau erneuerbarer Energien im eigenen Umfeld. Die LEA unterstützt Energie-Start-ups auf dem Weg zum Businessplan mit einem einzigartigen Netzwerk aus Expertinnen und Experten sowie einem individuellen Coachingprogramm für Gründerinnen und Gründer, die am Science4Life Energy Cup teilnehmen. lea-hessen.de  Die HA Hessen Agentur GmbH ist die Wirtschaftsförderungsgesellschaft des Landes. Sie setzt Projekte, Kampagnen und Förderaktivitäten um, vermarktet Hessen als Tourismus- und Kongressdestination und fördert auch die Kultur- und Kreativbranche. Zudem fungiert die HA als Beraterin und Think Tank und koordiniert Innovations- und Nachhaltigkeitsprojekte. hessen-agentur.de Die HA Hessen Agentur GmbH ist Projekträgerin und Ansprechpartnerin für mehrere Förderprogramme des Landes. Ob Medizin, Biotech oder Energie, das Team der Innovationsförderung Hessen hat über 1.700 Vorhaben aus Wirtschaft und Wissenschaft betreut. Willkommen sind Unternehmen und Start-ups, Hochschulen und Kommunen von der ersten Projektidee bis zur erfolgreichen Umsetzung. innovationsfoerderung-hessen.de Als Wirtschaftsentwicklungsgesellschaft des Landes Hessen sorgt die Hessen Trade & Invest GmbH (HTAI) dafür, dass das Land in den zukunfts- orientierten Wirtschafts- und Forschungsbereichen weltweit bestens positioniert und vernetzt ist. Das Technologieland Hessen unterstützt Unternehmen dabei, zukunfts- weisende Innovationen zu entwickeln. Umgesetzt wird das Technologieland Hessen von der HTAI im Auftrag des Hessischen Wirtschaftsministeriums. htai.de technologieland-hessen.de Junge Start-ups brauchen meist nicht nur Kapital und Personal, sondern be- sonders zu Beginn auch Orientierung, Beratung und Zugang zu Förderungen. Der StartHub begleitet innovative und technologieorientierte Gründungen von der Entstehung bis zum Exit und vermittelt dabei in allen Bereichen Unter- stützung. Als erste Anlaufstelle für Gründerinnen und Gründer hilft der Start- Hub unter anderem bei der Vermittlung von Ansprechpartnern, führt eine Eingangsberatung durch und unterstützt die Bewerbung auf Förderprogramme. starthub-hessen.de [caption id="attachment_15718" align="alignright" width="250"] Laurent Guyard, Business-Coach für die LEA Hessen[/caption] „Jedes Jahr steigen die Anforderungen an hessische Energie-Start-ups. Daher freut mich, dass die LEA Hessen meine Expertise als Business-Coach zur Lösung dieser Herausforderungen unserer potenzialreichen Teams nutzt.“  Erfolgreiche Teams im Energy Cup Die LEA Hessen hat bereits einige erfolgreiche Gründerteams auf dem Weg zum Businessplan unterstützt mit einem individuellen Coaching-Programm, dem Hessen-Coaching, sowie einem hilfreichen Expertennetzwerk. Unter den Finalisten des Wettbewerbsjahres waren die beiden hessischen Start-ups ILLUTHERM und Hyposto Energy – Teilnehmende des Hessen-Coachings. Das Hessen-Coaching  Unsere Coaches helfen Gründerteams dabei, ihre Geschäftsidee zu formulieren, kalkulieren und letztendlich umzusetzen. In mehreren individuellen Terminen werden Fragen zu Marketing, Chancen-Risiken-Analysen, Patenten und Finanzierung besprochen. Das Hessen- Coaching baut auf dem Science4Life Energy Cup auf und gibt Hilfestellung bei der Entwicklung der einzureichenden Konzepte. Gecoacht wird in drei Phasen: Ideenphase, Konzeptphase und Businessplanphase, wobei der Einstieg in jeder Phase möglich ist. Teilnahmevoraussetzungen sind eine spannende Idee zur Energiewende, ein Geschäftssitz in Hessen sowie die Teilnahme am Science4Life Energy Cup. Kontakt Daniela Bickel Projektmanagerin Unternehmen & Start-ups LEA LandesEnergieAgentur Hessen GmbH E-Mail: daniela.bickel@lea-hessen.de  

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